STADTTEIL

Glockenbachviertel

Bartour mit Buchführung

Dienstagabend, wir verlassen das Büro, und siehe da: Es hat endlich aufgehört zu regnen. Und sind das da etwa Sonnenstrahlen, die sich durch die Wolkendecke kämpfen? Direkt empfinden wir das wohltuende Gefühl des Feierabends und den Drang, noch nicht direkt den Weg nach Hause einzuschlagen, sondern eine Bar aufzusuchen. Ein Feierabenddrink muss her. Doch wohin? Dankenswerterweise sind wir im Besitz des delight guides. In dem kleinen Büchlein findet ihr 13 Bars, in denen ihr feinstes liquides Glück bekommt – aufs Haus. Wie das geht? Erzählen wir euch.

Ein Bar-Abend mit dem delight guide
Ein Bar-Abend mit dem delight guide

Pacific Times: rotes Feuer im Glas

First things first: Wohin geht’s? Wir schlagen also unseren delight guide auf und schauen auf die Stadtkarte. Mal wieder an den Gärtnerplatz, denken wir uns. Dort eignet sich die hohe Bardichte auch hervorragend für ein kleines Barhopping. Erster Halt ist das Pacific Times. Barchef Andi Till empfängt uns persönlich. „Einmal den delight guide?“, fragt er uns. Denn jede der 13 Bars bietet über den delight guide einen Signature Drink des Hauses an. Hier ist es der Campari Seltz. Das feurig-rote Glas kommt an unseren Tisch, wir prosten uns zu und probieren. Bitter schmeckt er, so viel ist sicher. Andi versteht direkt. „Wisst ihr, bei einem Drink ist es ein bisschen wie mit Jazz. Je öfter ihr es probiert, umso besser findet ihr es. Und irgendwann ist er aus eurem Leben gar nicht mehr wegzudenken.“ Und irgendwie hat er recht, denn mit jedem Schluck schmeckt uns der Drink besser. Worüber wir uns auch absolut einig sind: Andi und sein Team verstehen uns ohne Worte. Sie lesen uns unsere Wünsche von den Augen ab, verstehen unseren Geschmack und unsere Vorlieben ohne einen einzigen Satz. An der ruhigen Straßenecke hinterm Gärtnerplatz lässt es sich aushalten, soviel ist klar. Doch wir wollen weiter, denn heute geht es um die vielfältige Münchner Barszene und vor allem um die Vielfalt der Drinks.


Ein Bar-Abend mit dem delight guide
Ein Bar-Abend mit dem delight guide
Ein Bar-Abend mit dem delight guide

Back to the basics – mit ein bisschen Nelke in der Ménage Bar

Die Ménage Bar ist nur einen Katzensprung entfernt, und deshalb unser zweiter Anlaufpunkt an diesem Abend. Die kleine Bar in der Buttermelchstraße kann nicht nur gute Drinks, sondern auch gutes Essen. Aber wir sind heute ja fürs Flüssige hier. Barchef Johannes Möhring erwartet uns schon. Da mittlerweile die Sonne den Kampf gegen die Wolken gewonnen hat, setzen wir uns auf die Straße. Schön ruhig ist es, und das mitten im Glockenbach. Der delight guide Drink ist hier ein Seasonal Milkpunch. Nach einem kurzen Plausch mit Johannes bekommen wir etwas ganz Besonderes, das uns ein bisschen an Weihnachten erinnert (obwohl dafür nicht wirklich Saison ist). Ein Grund dafür ist das leichte Nelkenaroma. Doch der schaumige Drink mit Wermut schmeckt auch bei Sonnenschein, das haben wir getestet. Hier fühlen wir uns wie bei alten Freunden, mit denen wir uns verabredet haben. Mit Johannes quatschen wir ein bisschen über die Gastronomie in Corona-Zeiten, über leckere Drinks und seine Bar. Ménage ist by the way französisch und heißt übersetzt ‚Haushalt‘. Das bedeutet: Hier geht‘s back to the basics. Gerne würden wir noch für einen zweiten – oder auch dritten – Drink die basics genießen, aber wir haben an diesem Abend noch ein weiteres Ziel.


Ein Bar-Abend mit dem delight guide
Ein Bar-Abend mit dem delight guide
Ein Bar-Abend mit dem delight guide

Moos an der Wand und Salbei im Glas in der Trisoux Bar

Für die dritte und letzte Station legen wir einen kleinen Abendspaziergang ein und laufen die Müllerstraße entlang, bis wir die Trisoux Bar erreichen. Die Bar mit Decken aus Fichtenholzstäben und Mooswänden. Die Bar, an der man so oft staunend vorbeiläuft. Heute laufen wir aber nicht vorbei, sondern rein. Barchef Philipp Fröhlich legt großen Wert auf saisonale Produkte. Deshalb ändert sich die Getränkekarte auch im Laufe des Jahres immer wieder. Wir bekommen einen Sunny Side Up, das ist ein ein süß-fruchtiger Aperitif mit Salbei und getrockneter Orange. Während wir ein Schluck nach dem anderen genießen, schauen wir uns um, bewundern die Wand aus Moos (die sich übrigens auch wunderbar weich anfühlt) und fühlen uns rundum wohl. Draußen auf der Müllerstraße herrscht reger Betrieb, doch hier drin, in unserem persönlichen Großstadtdschungel, können wir durchatmen. „Darf’s bei euch noch was sein?“, fragt Philipp uns und wir würden am liebsten rufen: „Zweimal für immer hierbleiben, bitte!“, doch treten dann, schwere Herzens, den Nachhauseweg an.


Ein Bar-Abend mit dem delight guide
Ein Bar-Abend mit dem delight guide
Ein Bar-Abend mit dem delight guide

Get out of your comfort zone for something special

Auf unserem Weg zur U-Bahn, glückselig und warm ums Herz dank der liquiden Schätze, fassen wir den Abend noch einmal zusammen. Drei Bars, drei Drinks – die unterschiedlicher nicht sein könnten. Uns wird mal wieder bewusst, dass unser München doch viel mehr Facetten hat, als immer behauptet wird. Denn nicht nur die Drinks und Locations ähneln sich nicht die Bohne, auch das Publikum ist von Bar zu Bar unterschiedlich. Durch den delight guide streben wir also Orte der Stadt an, die wir von allein wohl so schnell nicht aufgesucht hätten. Denn jeder von uns hat so seine Stammkneipen. Doch über den Tellerrand hinauszublicken, neue Geschmäcker zu testen, neue Persönlichkeiten kennenlernen – All das liegt manchmal außerhalb unserer Komfortzone, bringt uns jedoch immer wieder voran.



ADRESSE

Buttermelcherstraße 9, 80469 München

STADTTEIL

Altstadt

ÖFFUNGSZEITEN

Mo-Sa 18 bis 2 Uhr

WEB arrow Zur Ménage Bar Folgt uns auf arrow Facebook arrow Instagram

AFTER-WORK A LA KINLY

Werden wir von Fremden nach einer Barempfehlung gefragt, antworten wir gerne: die Ménage Bar. Selbst wenn wir die hochprozentigen und atmosphärischen Vorlieben unseres Gegenübers nicht kennen: die Kinly Boys enttäuschen niemanden. Drinkzubereitung wird in der kleinen, aber feinen Spirituosenküche zelebriert, die Extrakte in hölzernem Surrounding selbst hergestellt und das Eis hat es auch in sich. Großmutters Haushaltstricks lassen grüßen!

Die Ménage Bar – Cheers to the Kinly Boys!

Theaterbücher im Regal, quietschpinke Buchstaben an der Wand und Pflanzenkübel, die von der Decke hängen: Beim Betreten der neuen Szene-Bar fällt sofort auf, dass der Laden der Kinly Boys definitiv das Zeug hat, das neue After-Work-Juwel im Glockenbach zu werden. Um die Atmosphäre und die Drinks kurz und knackig zu beschreiben: New York lässt grüßen!

Eins zu null für die Gastro

Eigentlich wollte Johannes Möhring was ganz anderes machen in seinem Leben – schließlich steht das Lehrbuch „Ästhetik des Performativen“ von Erika Fischer-Lichte ja nicht umsonst neben Grey Goose, Gordon’s & Co. „Jaja, da musste sich jeder Theaterwissenschafts-Student mal durchquälen“, erzählt er uns lachend, während er gerade noch dabei ist, den gestrigen Abend aus der Bar zu moppen. Tja, und dann ist halt doch alles ganz anders gelaufen, wie eigentlich gedacht: Um seinen Speiseplan nicht gänzlich studentisch auf Spaghetti mit Tomatensoße umzustellen, hat er sich mit Gelegenheitsjobs in der Gastro über Wasser gehalten und ist da jetzt irgendwie hängen geblieben. Glück für uns – sonst gäb’s ja jetzt keine Ménage Bar.

The meaning of KB 

Die Kinly Boys – dazu gehört natürlich auch noch der zweite Boy: René Soffner. Die Jungs sind seit über 10 Jahren befreundet und haben beide reichlich Erfahrung im Nachtleben gesammelt. René wohnt eigentlich in Frankfurt und hat da ein Auge auf sein erstes Baby, die Kinly Bar. Mit viel Herzblut, Kreativität und harter Arbeit hat er aus dem Kellerloch im verrufenen Frankfurter Bahnhofsviertel eine Bar gemacht, die zuletzt sogar für den „Tales of the Cocktail“ nominiert wurde. Beeindruckt von so viel Tatendrang, hat Johannes nicht lange gezögert als Renés bisheriger Partner den Cocktailshaker geschmissen hat und ist letzten Sommer Teilhaber der Kinly Bar geworden.

DIE HÖCHSTE FORM DER INDIVIDUALITÄT IST DIE KREATIVITÄT

Gerhard Uhlenbruck

Die Ménage Bar
Die Ménage Bar
Die Ménage Bar

Was du heute kannst besorgen… 

… das verschiebe nicht auf morgen! Den Wunsch „irgendwann mal eine Bar in München aufzumachen“ fest im Hinterkopf, fiel den beiden keine drei Monate später die ideale Location in der Buttermelcherstraße nahezu direkt vor die Füße. (Also wer auch immer da oben Bars fallen lässt – wir würden auch eine nehmen!) Während die beiden jedoch selbst ziemlich skeptisch waren, ob das jetzt nicht vielleicht doch ein Fünkchen zu flott geht, wurden sie von ihren liebsten Mitmenschen ermutigt, das Risiko einzugehen und hatten bereits am 1. November 2018 den Schlüssel zu ihrem wahr gewordenen Wunschtraum in der Hand.

Das konzeptlose Interieur-Konzept

Und dann musste auf einmal alles ganz schnell gehen: Es wurde gestrichen, improvisiert und geschreinert. Innerlich dankt Johannes immer noch der Partnerwahl seiner Schwester – die hat sich nämlich einen Schreinermeister geangelt, der innerhalb von kürzester Zeit die Sitzbänke, den imposanten Tresen sowie das Ménage Schild an der Außenwand zusammengetüftelt hat. Ob dunkelgrün allerdings wirklich eine kluge Wandfarbe ist, die Cordstühle nicht altbacken aussehen und das KB an der Wand nicht doch viel zu grell ist ­– für solche Gedanken blieb keine Zeit. Wir finden: Genau das macht den zeitgemäßen Charakter und den kompromisslosen Charme der jungen Trendlocation aus.

Rotations-was?

Und im Trend sind sie wirklich – wenn nicht sogar dem Trend voraus. Immerhin beweist unter anderem der gewagte „King Clear“ aus redestilliertem Erdnussbutter-Bourbon, herbem Tequila, exotischem Pandan-Sirup, frischem Zitronensaft und einem Hauch Salzlösung, dass man hier gerne mit detailverliebter Raffinesse experimentiert. Und auch die riesigen Weckgläser, die uns dunkel an kindliche Ausflüge in Omas geheime Vorratskammer erinnern, sind ein weiteres einzigartiges Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Bars: Johannes und René fermentieren hier tatsächlich frische Ananas und knackige Äpfel, um daraus abgefahrene Drinks wie Apple Cider oder Tepache zu schöpfen. Ach ja, und mit dem fancy Gerät à la Rotationsverdampfer, welches gut sichtbar hinter der Bar steht, streben die beiden tatsächlich kein Chemie-Studium an, sondern führen Vakuumredestillationen bei niedrigen Temperaturen durch, um maximale Geschmackserfolge zu erzielen.


Die Ménage Bar
Die Ménage Bar
Die Ménage Bar
Niveauvolles Junkfood 

Koch Luke Rogers, den die beiden ideenreichen Inhaber in seinen neuen Job „irgendwie reingelabert haben“, hat seinen Kochlöffel bis dato in edlen Schickeria-Läden wie dem Mural oder dem Walter & Benjamin geschwungen. Jetzt zaubert er in der kleinen Küche, welche die Kinlys vom Vorgänger übernommen haben, so pikante Dinge wie den „Bambi Burger“ aus Rehfleisch, Karamell Käse und Kardamom Birnen oder – angelehnt an ihren Lieblingsfilm „Deadpool“ – Chimi-Ducking-Changas, was überbackene Burritos mit perfekt gegarter Ente beschreibt.

Glücksgeheimnis Freiheit 

Wichtig ist den aufgeschlossenen Kinly Boys, dass sie zu 150% frei arbeiten können: Sie arbeiten mit den Spirituosen, die sie selbst auch im heimischen Schnapsschränkchen stehen haben, sie servieren das Essen, auf das sie Bock haben und sie sprechen die Leute an, mit denen sie auch gerne feiern würden. Die Ménage Bar hat ihren Namen schließlich nicht umsonst bekommen: Das französische Wort steht für den Hausstand, die Ehe, das Duett – das hört sich nicht nur vornehm an, sondern passt auch zum familiären Hintergrund. Zwei Bars, zwei Boys, zwei Erfolgsgeschichten.


Die Ménage Bar
Die Ménage Bar
Die Ménage Bar